
Markus Bauer, Resort Sport und Freizeit
Es ist ein kühler Dienstagmorgen auf dem Kunstrasen des VfR Heilbronn. Onur Celik, 41, trägt Trainingshose und Windbreaker mit Vereinslogo, während er mir die Anlage zeigt. Der Vorsitzende des Verbandsligisten hat vor sieben Jahren praktisch aus dem Nichts einen Verein geschaffen, der heute überregional bekannt ist. Doch hinter der Erfolgsgeschichte steckt auch Frust – und genau darüber wollen wir heute sprechen.
„Manchmal fühlt es sich an, als würde ich gegen Windmühlen kämpfen“, sagt Celik, während wir ein paar Bälle hin und her spielen. Seine kürzliche Stellungnahme hat in der Heilbronner Fußballszene für Aufsehen gesorgt. Darin rechnet er mit „Profilneurotikern“ ab und beklagt, dass „es den wenigsten um den Verein und die Perspektive des Heilbronner Fußballs“ gehe.
Als ehemaliger Regionalligaspieler kenne ich das Gefühl nur zu gut. Der Amateurfußball ist oft ein Haifischbecken der Eitelkeiten. „Du weißt doch selbst, Markus“, sagt Onur und dribbelt den Ball gekonnt durch ein imaginäres Hütchenfeld, „unten denken sie, dass sie es können, oben können sie es wenigstens.“
Der Macher und sein Erbe
Was Celik in Heilbronn aufgebaut hat, verdient Respekt. Aus dem Nichts einen Verbandsligisten zu formen, der als „Botschafter im Heilbronner Fußball“ gilt, ist keine Kleinigkeit. „Ich habe mehr erreicht als gedacht und ein wunderbares Schiff auf den Ozean gebracht“, beschreibt er sein Werk nicht ohne Stolz.
Doch die Realität des Amateurfußballs holt auch den größten Idealisten ein. Celik spricht von Menschen, „die immer die Hand aufmachen, anstatt in Vorleistung zu gehen“. Ein Problem, das ich aus meiner aktiven Zeit kenne: Viele wollen ernten, ohne zu säen.
Die Heilbronner Fußballszene – ein schwieriges Pflaster
„Die Region Fußball irgendwie nicht kann oder auch nicht versteht“ – ein harter Vorwurf von Celik, der aber nicht ganz unbegründet ist. Heilbronn war nie eine Fußball-Hochburg wie Stuttgart oder Karlsruhe. Die Vereinslandschaft ist zersplittert, große Erfolge blieben aus.
„Weißt du noch, wie wir damals beim FC Neckarsulm gegen die Heilbronner Vereine gespielt haben?“, frage ich Onur, während wir uns auf die Bank am Spielfeldrand setzen. „Jeder Verein hat sein eigenes Süppchen gekocht, anstatt gemeinsam etwas aufzubauen.“
Er nickt zustimmend. „Genau das ist das Problem. Alle denken nur bis zum nächsten Spieltag, niemand hat eine Vision für den Fußball in der Region.“
Die Zukunft – drei Jahre Bewährungszeit
Besonders aufhorchen lässt Celiks Ankündigung, in drei Jahren zu entscheiden, „ob und wie ich hier alles weitermachen möchte“. Eine Drohung? Eher ein Weckruf an alle Beteiligten.
„Ich will nicht aufgeben“, sagt er und schießt den Ball mit voller Wucht ins leere Tor. „Aber manchmal frage ich mich, ob es das alles wert ist.“
Als wir zum Abschluss noch ein kleines Trainingsspiel machen, wird klar: Hier spricht kein verbitterter Funktionär, sondern ein leidenschaftlicher Fußballer, der seinen Sport liebt und voranbringen will. Die Pässe sitzen, die Bewegungen sind flüssig. Celik lebt den Fußball, den er predigt.
Was der Heilbronner Fußball jetzt braucht
Als ehemaliger Profi und jetziger Jugendtrainer sehe ich, was Celik meint. Der Amateurfußball braucht weniger Selbstdarsteller und mehr echte Teamplayer – auf und neben dem Platz.
„Es geht nicht darum, wer der Beste ist oder wer am lautesten schreit“, sage ich zu Onur, als wir uns verabschieden. „Es geht darum, gemeinsam etwas aufzubauen, das größer ist als jeder Einzelne.“
Er lächelt und gibt mir einen festen Handschlag. „Genau darum geht’s. Und genau deshalb mache ich weiter.“
Die Heilbronner Fußballszene sollte Celiks Worte als das verstehen, was sie sind: Keine Abrechnung, sondern ein leidenschaftlicher Appell für mehr Zusammenhalt und weniger Egoismus. Denn nur so kann der Fußball in unserer Region wirklich vorankommen.
Markus Bauer ist Co-Sportchef bei HEIMATNERD.74 und ehemaliger Regionalliga-Fußballer. Er trainiert die Jugendmannschaft des FC Neckarsulm und kennt Onur Celik seit vielen Jahren.