Von Karl-Heinz „Kalle“ Schmid
Es war eine andere Zeit, die 1980er Jahre. Eine Zeit, in der man abends noch unbesorgt durch die Heilbronner Innenstadt laufen konnte. Aber auch eine Zeit, in der sich langsam etwas veränderte. Als junger Reporter bei der Heilbronner Stimme erlebte ich hautnah mit, wie sich das Gesicht unserer Stadt wandelte.
Der Fall Pinzner, der damals durch alle Medien ging, erreichte auch uns hier in Heilbronn. Nicht direkt – Gott sei Dank – aber er zeigte uns allen, dass die heile Welt der Nachkriegsjahre endgültig vorbei war. Während in Hamburg der „St. Pauli-Killer“ sein Unwesen trieb, machten sich auch bei uns die ersten Anzeichen einer härteren Zeit bemerkbar.
Ich erinnere mich noch gut an die Gespräche mit unserem damaligen Polizeipräsidenten Herrmann Müller (Name von der Redaktion geändert). „Kalle“, sagte er zu mir bei einem unserer regelmäßigen Hintergrundgespräche im Café am Marktplatz, „die Zeiten ändern sich. Und net zum Guta.“
Was in Hamburg passierte, war wie ein düsterer Schatten, der sich über ganz Deutschland legte. Der Fall Pinzner zeigte uns allen, wie dünn der Firnis der Zivilisation war. Ein Mann, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, rutschte ab in eine Welt der Gewalt. Seine Geschichte hätte auch bei uns spielen können.
Wenn ich heute durch die Sülmerstraße laufe und sehe, wie sich alles verändert hat, denke ich oft an diese Zeit zurück. Damals haben wir gelernt, dass wir aufeinander aufpassen müssen. Dass eine starke Gemeinschaft der beste Schutz gegen das Böse ist.
Die Geschichte des Werner „Mucki“ Pinzner ist mehr als nur eine Kriminalgeschichte. Sie ist eine Mahnung. Eine Mahnung, dass wir unsere Werte, unsere Gemeinschaft und vor allem unsere Jugend nicht vernachlässigen dürfen.
Nächste Woche: Teil 2 unserer Serie – „Als die Ganoven nach Heilbronn kamen“
Karl-Heinz „Kalle“ Schmid ist seit über 40 Jahren Journalist in Heilbronn und kennt die Stadt wie seine Westentasche. Er leitet heute das Ressort Lokales bei HEIMATNERD.74